AfD Stadtratsfraktion Saarbrücken
Alternative für Deutschland

Reden im Stadtrat


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14.12.2021

Stadtratssitzung 14.12.2021 - Haushaltssatzung 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Corona-bedingt halte ich mich kurz.
Um es gleich zu sagen: Die AfD-Fraktion lehnt die Haushaltssatzung 2022 ab.
Wir haben es uns in diesem Jahr auch erspart Änderungsanträge zu stellen.
Sie würden ohnehin abgelehnt.

Nun zum Haushaltsentwurf:
Dieser steht auf tönenden Füßen und ist von Unwägbarkeiten bestimmt. Eine Genehmigung durch die Kommunalaufsicht ist fraglich.
Nach einem Lichtblick im Jahre 2020 sind Defizite wieder angesagt. Das Schuldenkarussell dreht sich wieder. Bei dieser Entwicklung und bei weiterer Erhöhung von Kassenkrediten wird der Saarlandpakt nicht einzuhalten sein.
Die Steuerentwicklung wird sich spürbar verschlechtern und wird nach meinem Dafürhalten von Ihnen immer noch zu positiv eingeschätzt. Sie gehen von steigenden Gewerbesteuern bis 2025 aus und verkennen die aktuelle Lage auch durch Corona. Wir stehen vor einer Pleitewelle. Wo sollen da höhere Gewerbesteuereinnahmen herkommen.
Zu der Gewerbesteuer komme ich noch an anderer Stelle.
Durch Corona werden weitere Ausgaben entstehen, die uns niemand erstatten wird, jüngstes Beispiel Klinikum Winterberg.
Regionalverbandsumlage: Mehraufwendungen 18,1 Mio.
Jedes Jahr mehr und mehr. Eine Umkehr nicht in Sicht. Mehr als 80 % des Haushaltes des Regional-Verbandes gehen in Soziales. Das ist einer der Gründe warum wir nicht zu geordneten Finanzen kommen werden. Saarbrücken zahlt für die Armut und ist der Reparaturbetrieb für gesellschaftliche Verwerfungen hervorgerufen unter anderem durch die Bundespolitik und den seit Jahren anhaltenden Problemen des Strukturwandels aus der Montanvergangenheit und der Vernachlässigung und Benachteiligung des Saarlandes durch den Bund. Und nun stehen wir vor noch größeren Problemen durch den bevorstehenden Niedergang der Automobilindustrie. Das wird den größten Gewerbesteuerzahler von Saarbrücken schwer treffen.
Sie nehmen die jährliche Erhöhung der Regionalverbandsumlage als gottgegeben hin denken nicht daran, sich gegen die immer höher werdende Regionalverbandsumlage zur Wehr zu setzten. Deshalb geht es immer so weiter. Die „Sozialindustrie“ hat auch kein Interesse daran dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Die Frage ist nur: wie lange das gut geht bei einer geplanten Steigerung um 52 Millionen bis 2025.
Die Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich sind in der Schwebe. Es wird diskutiert ohne Ergebnis. Grund des Hin und Her ist die Tatsache, dass der KFA im Saarland mit zu wenig Mittel ausgestattet ist.
Da muss man mal mit Faust auf den Tisch hauen. Das Land hat nach der Verfassung seine Kommunen mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten, damit sie ihren Aufgaben nachkommen können.
Das betrifft auch die lange überfällige Altschuldenregelung. Ohne die wird es keinen Aufschwung nach Corona geben und der Saarlandpakt ist nicht einzuhalten.
Das Land steht in der Pflicht Lösungsansätze darzustellen.
Nach wie vor wird auch das Konnexitätsprinzip verletzt. Der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz ist vom Bund zu erfüllen, weil dieser ihn auch beschlossen hat. Mit dem Kitaausbau sind die Kommunen auch vor dem Hintergrund explodierender Baupreise einfach überfordert.
Gefahren drohen auch von den städtischen Betrieben, die sich nicht im Haushaltsentwurf niederschlagen. Gerade durch Corona drohen den Stadtwerken erhebliche Verluste, die ausgeglichen werden müssen ebenso wie die Verluste des Klinikums.
Die explodierenden Energiekosten, die die kleinen Leute mit drohender Stromabschaltung ebenso treffen wie die Stadt mit ihren Eigenbetrieben.
Die Zinspolitik wird sich ändern. Das Ende der Staatsfinanzierungspolitik durch die EZB wird sich unter dem Druck erhöhter Zinsen in den USA abzeichnen. Wie sind wir darauf gerüstet?
Um den Saarlandpakt einhalten zu können, sollen weitere massive Haushaltssanierungsanstrengungen unternommen werden. Ich frage mich nur wo? An die Regionalverbandsumlage wollen Sie nicht ran. Beim Personal kann nicht mehr gespart werden. Im Gegenteil: Wir brauchen weiteres Personal um den Aufgaben gerecht werden zu können. Ich denke hierbei an das Messe- und Congress-Zentrum oder die Unterbesetzung im Rechnungsprüfungsamt. Für ein funktionierendes Gemeinwesen und gute städtische Infrastruktur brauchen wir gutes Personal, das ordentliche bezahlt werden muss.

Wir brauchen dringend weitere Hilfen von Bund und Land um aus der Abwärtsspirale aus hohen Altschulden, hohen Sozialausgaben und geringen Investitionen herauszukommen.
Saarbrücker und Saarbrückerinnen haben heute schon erheblich schlechtere Lebenschancen und Chancen auf Wohlstand als Menschen in vielen anderen Teilen der Republik. Die Schere zwischen Kommunen im Saarland und dem Rest der Republik geht immer weiter auseinander.
Das Gerede über gleichwertige Lebensverhältnisse ist zu einer Farce verkommen. In der bisherigen Bundesregierung war im Innenministerium eine Kommission angesiedelt worden, die nun mal rein gar nichts brachte außer weiteren Wohlstand für Bayern. Das ist auch kein Wunder unter einem CSU Innenminister.
Die Lage an der Saar und in Saarbrücken ist sehr ernst.
Die IHK wird nicht müde auf die Entwicklung hinzuweisen. Deshalb erspare ich es mir auf alle Einzelheiten einzugehen, die ohnehin nachzulesen sind. Auch die Gewerkschaften sehen schwarze Wolken am Himmel.
Deshalb gründete sich nun ein breites Bündnis aus Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Kammern und Wirtschaftsministerium für weitere Industrieansiedlungen im Saarland.
Der Schuss wurde gehört. Allmählich dämmert es, dass es so nicht weitergeht.
Es bringt nichts, sich die Lage auch in Saarbrücken weiterhin schön zu reden.
Aber eine Zahl ist am verheerendsten:
34.000 junge gut ausgebildete Saarländer und Saarländerinnen haben seit 2000 das Land verlassen auch in Saarbrücken. Überwiegend durch Migration konnte Saarbrücken seine Bevölkerung gerade so halten.
Die Konsequenzen hieraus sind der Politik im Lande, die von CDU und SPD bestimmt wird, bekannt. Getan wurde so gut wie nix!
Das ist auch die Ursache, dass wir bei den Städterankings immer weiter abfallen und im unteren Mittelfeld rangieren.
Geringe Strahlkraft wurde uns gerade attestiert. Saarbrücken gehöre zu den unattraktivsten Landeshauptstädten in Deutschland.
Ich halte das zwar für übertrieben. Wir dürfen uns aber nicht wundern, wenn solche Klischees entstehen, wenn die Menschen uns nicht mehr finden, weil die Bahnverbindungen immer mehr ausgedünnt werden und die Existenz des Flughafens auch von Seiten gewisser Parteien im Saarland in Frage gestellt wird.
Eklatantes Versagen von Bundes und Landespolitik. Auch die drei saarländischen Minister im früheren Kabinett in Berlin versagten auf ganzer Linie was die Interessen des Saarlandes angeht.
Das Ruhrgebiet mit ähnlicher Sozialstruktur und Industriegeschichte erlebt gerade eine beispiellose Renaissance.
Lesen Sie mal im Forum das Interview mit Klaus Erfort. Ich zitiere:
„Wir sind im Saarland abgehängt. Ich habe einen Mitarbeiter gesucht über einen Headhunter. Der hat gesagt, es liegt nicht an den freien Tagen, nicht an Urlaubstagen nicht am Haus oder den Konditionen, es liegt an der Region“.
Das müssen wir endlich ernst nehmen und nicht in Schockstarre verfallen.
Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen und endlich Erfolge in der Unternehmensansiedlung vorweisen und zwar in erster Linie im Wissenschafts- und Forschungsbereich und nicht in Küchenfertigungen mit einem Lohnniveau im Bereich des Mindestlohns, worauf die Wirtschaftsministerin so stolz ist.
Den Unternehmen im Land und der Landeshauptstadt müssen gute Standortbedingungen geboten werden. Daran muss die Politik arbeiten, nicht nur die Landesregierung auch die Kommunen und wir hier in Saarbrücken.
Was wird von den Unternehmen häufig beklagt?
Die Gewerbesteuersätze sind zu hoch für ein Land, das mitten in einem neuen Strukturwandel steht.
Auf Dauer können Großstädte ohne ein industrielles Rückgrat nicht erfolgreich sein. Die Industrie ist enorm wichtig für gut bezahlte Jobs, Lohnniveau, Kaufkraft, die Qualität der Ausbildung und letztlich für das Image einer Stadt.
Nicht die Sozialindustrie bringt das große Geld, sondern Handel, Handwerk Industrie, Forschung und Wissenschaft mit Ausgründungen und damit letztendlich Steuerkraft um alles Soziale bezahlen zu können.
Und was machen wir in Saarbrücken? Wir leisten uns die höchsten Gewerbesteuersätze im Land.
Und das auch mit diesem Haushaltsentwurf.
Da kann ich nur sagen: Der Warnschüsse der IHK und weiterer Experten werden nicht gehört.
St. Ingbert hat einen Hebesteuersatz von 390.
Die Erfolge sind sichtbar. Die Stadt hat einen ausgeglichenen Haushalt. Immer mehr Industrieansiedlungen kommen und die Stadt stellt Flächen zur Verfügung. Der letzte Coup war der Innovationscampus auf der Alten Schmelz, wobei das Land kräftig unterstützte.
Saarbrücken ging leer aus!
Mainz schwimmt mittlerweile im Geld. Biontech hat mit seinen Gewerbesteuermilliarden Mainz von allen Sorgen entlastet. Jetzt wird der Gewerbesteuersatz weiter gesenkt. Biontech hätte sich mit unseren Gewerbesteuersätzen nie hier angesiedelt.
Selbst bei den Gebühren für Abfall und Abwasser sowie bei der Grundsteuer ist Saarbrücken mit am teuersten unter den hundert größten Städten in Deutschland. Beim Abwasser belegen wir Rang 95 von 100 untersuchten Städten.
6,5 Prozent Grunderwerbssteuer im Land – die höchste in ganz Deutschland. Ist das nicht abschreckend für junge Familien, die ins Saarland ziehen wollen?
Das fällt zwar nicht in Ihr Verantwortungsbereich. Aber reden muss man mal mit dem Finanzminister, wenn man die Attraktivität für junge Saarländer und Zuzugswillige steigern will.
Dafür leisten wir uns Projekte wie „Bildungswerkstatt Kirchberg“ mit Investitionen von 6,25 Millionen und laufenden Kosten von 250.000 €, was nicht unsere Aufgabe ist und wofür wir nicht verantwortlich sind.
Das nur ein Beispiel.
Das geht alles in die falsche Richtung.
Wir stehen für eine signifikante Senkung der Gewerbesteuer und sind damit ganz bei der Forderung der IHK. Es muss ein Zeichen gesetzt werden, dass wir es mit neuen Ansiedlungen ernst meinen. Saarbrücken hat seit Jahren keine großen Ansiedlungserfolge nachzuweisen. Ein Lichtblick ist die Quartiersentwicklung Schanzenberg, wobei es insoweit bisher nicht ersichtlich ist wieweit der Investor bisher gekommen ist.
Für neue Ansiedlungen braucht man natürlich auch weitere Flächen. Und da hapert es in Saarbrücken. Wenn Unternehmen nach Flächen fragen, wollen sie nicht warten sondern direkt auf baufertigen Land loslegen.
Völklingen erschließ gerade wieder ein neues Gewerbegebiet
O,5 Mio für die Entwicklung von neuen Gewerbeflächen sehen Sie in Ihrem Haushaltsplan vor.
Für die Wirtschaftsförderung geben Sie unwesentlich mehr aus als für Grünanlagen
Das ist entschieden zu wenig.
Hinzu kommt, dass das Image von Saarbrücken immer schlechter wird.
Schlagzeilen wie: „Ist Saarbrücken eine Kokain-Hauptstadt?“ verbessern nicht das Bild – schon gar nicht, wenn man an der Johanniskirche vorbeifährt.
Die Galerie Neuheisel verlässt das Viertel und geht nach St. Ingbert.
Jahrelanges Warten auf Besserung hat nichts gebracht. Dem Inhaber hat es jetzt gereicht. Sie kriegen das Problem einfach nicht in den Griff.
Der Niedergang der Stadtteile Burbach, Malstatt und Dudweiler setzt sich ungebremst fort.

Es muss doch Gründe geben, warum Saarbrücken als Universitätsstadt nicht zu den sogenannten „Schwarmstädten“ gehört. Das sind Städte wo junge gut ausgebildete Leute wie Vogelschwärme einfallen.
Um im Wettbewerb mit vergleichbaren Städten auch mit den Quattropolstädten mithalten zu können, muss Saarbrücken attraktiver für Unternehmen und Zuzugswillige werden. Hierzu gehören gute Standortbedingungen für Unternehmen, den bevorstehenden erneuten Strukturwandel auch von Seiten der Stadt offensiv anzugehen, Innovations- und Mittelstandsförderung aktiv zu betreiben und die Attraktivität der Stadt als Wohn- und Lebensstandort zu steigern.
Der Haushaltsentwurf zeigt insoweit nicht ausreichend genügende Impulse.
Zum Abschluss noch folgendes:
Die Innenstädte veröden zusehends. Auch in Saarbrücken fallen die Ladenmieten in Toplagen und Leerstände nehmen zu. Hauptursache ist der Onlinehandel. Amazon ist der große Gewinner, zahlt kaum Steuern und drückt sich um die Sozialstandards für Mitarbeiter. Eine besorgniserregende Entwicklung.
Unterstützen Sie die Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindetages auf Einführung einer Paketversandsteuer um die großen Online-Plattformen an der Finanzierung der notwendigen Infrastruktur für neue Erlebnisräume in der Stadt zu beteiligen um die Attraktivität zu erhöhen.

Bernd Georg Krämer
Fraktionsvorsitzender



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